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Wüstenblume erobert Trossinger Herzen

Ovationen begleiten die Verleihung des Deutschen Afrika-Preises an Somalierin Waris Dirie



Trossingen. Der Vorsitzende der Deutschen Afrikastiftung, Karl-Heinz Hornhues, sprach den Besuchern im Konzerthaus aus den Herzen: "Das war die schönste Dankesrede, die ich je gehört habe." Waris Dirie, der Trägerin des Afrikapreises 1999 der Deutschen Afrikastiftung, hatte es vor Rührung die Sprache verschlagen.

Es war sicher eine der denkwürdigsten und bemerkenswertesten Veranstaltungen, für die das Dr. Ernst-Hohner-Konzerthaus in seiner über 30-jährigen Geschichte den Rahmen bot. Der 30-jährigen Somalierin Waris Dirie, Top-Model, Bestsellerautorin und UN-Sonderbotschafterin, wurde der Deutsche Afrikapreis verliehen.

Ihre Einzigartigkeit hatte die Veranstaltung allein die Preisträgerin zu verdanken und der einnehmenden Natürlichkeit, die das ehemalige Nomadenmädchen trotz ihrer beispiellosen Karriere ausstrahlt. Unter Tränen konnte sie statt ihrer Dankesrede nur "Thank you, so much" seufzen und wurde schließlich von einem begeisterten und ergriffenen Publikum mit stehenden Ovationen ihrer "Redepflicht" enthoben.

Zum neunten Mal verlieh die Deutsche Afrika-Stiftung 1999 den "Deutschen Afrika-Preis". Zwei Noven hatte diese Verleihung zu verzeichnen: Zum ersten Mal ging der Preis an eine Persönlichkeit, die weit über Afrika hinaus bekannt ist und ebenso zum ersten Mal wurde der Preis außerhalb der ehemaligen Bundeshauptstadt Bonn überreicht: eben in Trossingen.

Waris Dirie wurde der Preis verliehen für ihren Kampf gegen die Genitalverstümmelung von Frauen in Afrika und auf der ganzen Welt. Sie selbst hat im Alter von fünf Jahren dieses Schicksal ebenfalls erlitten. Die Tatsache, dass täglich nach wie vor 6000 Frauen auf diese grausame und lebensgefährliche Weise verstümmelt werden, hat Waris Dirie veranlasst, ihre eigene Geschichte aufzuschreiben.

Das Buch "Die Wüstenblume" wurde zum Bestseller. Der ehemalige Parlamentarische Staatssekretär Volkmar Köhler würdigte Waris Dirie in seiner Laudatio im Namen der Jury als "Frau mit einem erstaunlichen Werdegang, geprägt von Zähigkeit, List und Kraft". Der Preis solle den Kampf der Somalierin, die vom ZDF-Frauenmagazin Mona Lisa zur Frau des Jahres gekürt worden ist, unterstützen. Als Sonderbotschafterin der Vereinten Nationen kämpfe sie weltweit gegen die Genitalverstümmelung von Frauen. "Und hat dabei jede Unterstützung verdient", fügte Köhler unter dem Beifall der weit über 500 Besucher, darunter zahlreiche afrikanische Botschafter, im Konzerthaus hinzu.

Die Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Heidemarie Wieczorek-Zeul, die den Preis überreichte, zeigte sich beeindruckt, dass es Waris Dirie gelungen sei, die eigenen Qualen nicht zu verdrängen, sondern daraus Kraft geschöpft habe. In ihrem Buch habe sie den menschlichen Hintergrund für die Verstümmelung von Mädchen und Frauen an ihren Genitalien deutlich gemacht, die Beweggründe ihrer Mutter, die Ängste, die Unwissenheit und der strenge Rahmen der Tradition. "Kultur und Tradition dürfen jedoch nicht als Vorwand genommen werden, um die Missachtung von Menschenrechten zu rechtfertigen", so die Ministerin (siehe dazu auch Interview auf Seite 3).

Das Schlusswort hatte nach dem beredten und anrührenden Schweigen von Waris Dirie der Vorsitzende der deutschen Afrika-Stiftung, Karl-Heinz Hornhues: "Ich hoffe, dass vor allem die jungen Gäste übernehmen können, wie man die Menschen eines anderen Kontinents lieben kann", wandte er sich an die bemerkenswert zahlreichen Jugendlichen, die der Preisverleihung beiwohnten.

Die musikalische Umrahmung hatte das Orchester Hohnerklang übernommen
Von Wolfgang Gerster (sb)

16:44 Uhr, 14.01.2000


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